Ich habe hier die Stammbaum-Skizze Lyras zur Hamonisierung der beiden Stammbäume Jesu in den Evangelien nach Matthäus und Lukas vorgestellt. Was mir dabei nicht bewusst war: Im Kern geht diese Skizze auf einen Vorlage zurück, die im Anschluss an die Vorarbeiten des Petrus Comestor (gestorben 1178) erstellt wurden. Wer war der Mann?

Er wurde in der Stadt Raschis geboren, in Troyes. Von der dortigen Kathedral-Schule wechselte er nach Paris, wo er unter Petrus Lombardus studierte. Er unterrichtete später selbst an der Universität von Paris und wurde Kanzler von Notre Dame. Begraben wurde er in St. Vitor. Beryl Smalley hat in ihrem Meisterwerk The Study of the Bible in the Middle Ages darauf aufmerksam gemacht, dass Petrus zusammen mit Petrus Cantor und Stephen Langton die Victorinische Tradition (Hugo, Richard, Andreas) weitergeführt habe1. Langton sollte jedem Bibel-Leser ein Begriff sein, denn auf seine in Paris gehaltenen Vorlesungen geht letztlich unsere heutige Kapitel-Einteilung der biblischen Bücher zurück2.

Comestor ist Autor der Historia Scholastica, einem höchste erfolgreichen mittelalterlichem Buch, das eine Zusammenfassung der biblischen Geschichte enthält. In vielen Handschriften ist diesem Werk ein Compendium Historiae in Geneaolgia Christi eines weiteren Petrus, des von Poitiers (gest. 1205), vorangestellt, und hier findet sich unter vielen ganzseitigen, grafischen Skizzen diese (hier aus dem Corpus Christi MS 083 aus dem frühen 13. Jh).

Die ältestes Handschrift des Compendium
Via Stanford University, Images courtesy of The Parker Library, Corpus Christi College, Cambridge. Licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial 4.0 International License

Mir ist dabei gleich dieses Detail ins Auge gesprungen:

Die ältestes Handschrift des Compendium
Via Stanford University, Images courtesy of The Parker Library, Corpus Christi College, Cambridge. Licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial 4.0 International License

Es ist eindeutig die Vorlage für Lyras Skizze, wie ich sie hier geschildert habe. Eine deutlichere Transkription findet sich hier.


1

Siehe Beryl Smalley: The Study of the Bible in the Middle Ages, University of Notre Dame Press, Notre Dame – Indiana (1978), S. 196

2

Siehe Smalley, S. 224